AN Vorderkammer / Kammerwinkel

Vordere Augenkammer / Kammerwinkel

 

Die vordere Augenkammer wird von der Innenseite der Hornhaut, dem Kammerwinkel/Filtrationswinkel (angulus iridocornealis), der Vorderfläche der Iris und der Pupille begrenzt. Sie kommuniziert über die Pupille mit der hinteren Augenkammer und ist gefüllt mit Kammerwasser (humor aquosus), einer primär strukturlosen, zellfreien, farblosen wässrigen Flüssigkeit.

Das Kammerwasser ist für den An- und Abtransport der Stoffwechselprodukte von Hornhaut, Traubenhaut, der Linse und möglicherweise auch des Glaskörpers von entscheidender Bedeutung. Es hält den Augapfel unter Spannung, und ist so für die Formgebung und die Lichtbrechung wichtig.

Abgesehen von einem sehr niedrigen Eiweiss- und Lipidgehalt entspricht die Zusammensetzung des Kammerwassers in etwa der des Blutplasmas, was seine Entstehung durch aktiven und passiven Transport bestätigt, denn gegen einen Druckgradienten findet kein passiver Transport statt.

Dadurch ist der aktive Transportanteil der Kammerwasserproduktion hauptsächlich verantwortlich für den normalen Augeninnendruck des gesunden Auges und auch für die Druckerhöhung beim Vorliegen eines Glaukoms.

Das Kammerwasser wird kontinuierlich von Zellen des Strahlenkörpers (corpus ciliare) produziert, die aktive Sekretion basiert auf einem komplexen enzymatischen Vorgang, in dem unter anderem auch das Enzym Carboanhydrase eine Rolle spielt. Der passive Transport betrifft die Ultrafiltration, Diffusion und Dialyse von Blutplasma. Liegt ein Entzündungsprozess vor, bricht die Blut-Kammerwasserschranke zusammen. Das bedeutet, die innige Verbindung zwischen dem urpigmentierten und dem pigmentierten Epithel, dem Ursprung des Kammerwassers, wird zerstört. Dadurch entsteht ein erniedrigter Intraokulardruck (Hypotonie). Besteht dagegen bei physiologischer Kammerwasserproduktion eine Abflussstörung, kommt es zu einer Erhöhung des Intraokulardrucks (Glaukom). Es ist ausserordentlich wichtig zu verstehen, dass die Kammerwasserproduktion ein kontinuierlicher und dynamischer Prozess ist.

Das gebildete Kammerwasser fliesst zuerst in die hintere Augenkammer, dann durch die Pupille und die vordere Augenkammer zum Kammerwinkel (angulus iridocornealis) zwischen Irisbasis und Hornhautinnenseite, dem Gebiet, in dem das Kammerwasser aus dem Auge zurück in den Blutkreislauf fliesst.

Der Filtrationswinkel (angulus iridocornealis) beim Pferd unterscheidet sich in mehreren Aspekten sowohl funktionell als auch anatomisch von anderen Tieren. Sein dreieckiger Querschnitt (Kantenlänge ca. 1,5 mm) ergibt sich aus den Grenzflächen des ligamentum pectinatum, dem limbalen Honhautanteil und der Vorderfläche der Iris und des Ziliarkörpers. Die Strukturen des ligamentum. pectinatum entstehen an der peripheren Irisbasis und heften sich an den peripheren Anteil der Innenseite der Kornea an. Die einzelnen Trabekel, die mit ihren Zwischenräumen den Filtrationswinkel bilden und dem ligamentum. pectinatum das Aussehen eines durchlöcherten Bandes verleihen, haben meist die selbe Farbe wie die Iris selbst und sind der tierärztlichen Untersuchung zugänglich. Direkt hinter dem ligamentum pectinatum liegt ein feinstrukturiertes Trabekelsystem (Ziliarkluft), welches dem Kammerwasser den entsprechenden Widerstand entgegensetz, der nötig ist, um den Augapfel gegenüber den umliegenden Geweben auf Spannung zu halten. Dieses trabekuläre Maschenwerk wird von Ausläufern und Insertionen der (rudimentären) Akkomodationsmuskulatur gebildet und formt auch den dem Pferd eigentümlichen sogenannten „uveoskleraler Abfluss“, welcher wahrscheinlich einen Grossteils der gesamten Abflusskapazität für das Kammerwasser darstellt. Der konventionelle Abtransport des Kammerwassers im Filtrationswinkel erfolgt teils durch einen auf Pinozytose beruhenden Vorgang hin zum beim Pferd rudimentären plexus venosus sclerae hin, teils durch Austritt aus dem interstitiellen Räumen des Kammerwinkels zu den Blutgefässen der Uvea, Sklera und der skleralen Konjunktiva hin.

Der Augeninnendruck / Intraokulardruck (IOD) liegt bei den Pferden zwischen 20-26 mm Hg. Eine Druckerhöhung (Glaukom/Hypertonie) kann prinzipiell durch eine Überproduktion von Kammerwasser (bei unseren Haussäugetieren bisher unbekannt) und/oder durch einen verminderten oder stagnierenden Abfluss des Kammerwinkels entstehen.